(Yudo J. Seggelke mit Elisabeth Steinbrückner)
(Zu meinem neuen Buch "Sternstunden des Buddhismus")
(Zu meinem neuen Buch "Sternstunden des Buddhismus")
Zusammenfassung:
Gautama Buddha, Meister Nagarjuna u. A.
verstehen die Wirklichkeit der Welt
als ein vernetztes Ganzes, dessen
wesentliche Bereiche sind die Lebewesen,
also Menschen, Tiere und Pflanzen, und die Materie,
also Dinge und Gegenstände. Der treffende Sanskrit-Begriff ist pratitya samutpada; er kann ins Deutsche
etwa mit gemeinsames Entstehen in
Wechselwirkung übersetzt werden.
Die bislang verwendete Übersetzung abhängiges Entstehen gibt daher die
umfassende Bedeutung Buddhas nicht vollständig wieder, weil die Vernetzung und
Wechselwirkung der Lebewesen nur unzureichend bezeichnet werden, diese
Formulierung ist daher bestenfalls für die Materie geeignet. Das Materielle ist
zwar nicht unwichtig, aber nur eine Teil-Wirklichkeit
und als solche naturwissenschaftlich und philosophisch interessant.
Im Buddhismus geht es aber vor allem um
den Menschen: seine Suche nach der Wahrheit, die Befreiung, das Erwachen oder die Erleuchtung, und die
Überwindung des Leidens, gerade nicht nur um Materielles.
Daher sollte der bisher übliche Begriff
"abhängiges Entstehen"
durch "Entstehen in Wechselwirkung"
oder vernetztes Entstehen ersetzt werden. Das ist m. E. keineswegs trivial!
Die
Formulierungen abhängiges Entstehen oder
bedingtes Entstehen haben bisher zentrale
Bedeutung im Buddhismus. Aber sind sie wirklich eine vollständige Übersetzung
von pratitya samutpada, der
Sanskrit-Formulierung, die Meister Nagajuna als zentrale Lehre Buddhas ansieht, die den Menschen befreit? Ich meine
nein und frage mich, warum sie im Buddhismus so häufig verwendet und nicht
hinterfragt wird.
Denn
wer möchte damals und heute abhängig sein? Abhängig von einem
Menschen, von Geld, von einer Sekte, von einem Guru oder sogar von Drogen,
Tabletten oder vom Alkohol. Viele Menschen wissen ganz genau, dass Übergewicht
und Bewegungsmangel schädlich für ihre Gesundheit sind und die Lebenserwartung
um mehrere Jahre vermindert, aber es fällt ihnen sehr schwer, solche
Gewohnheiten zu ändern: auch und gerade das ist Abhängigkeit. Und digitale Abhängigkeit führt besonders
bei Kindern zu digitaler Demenz, wie
der Gehirnforscher Manfred Spitzer nachweist, das bedeutet für sie später
wahrscheinlich Unglück und sozialen Abstieg.
Solche
Abhängigkeiten hat Gautama Buddha bei pratitya
samutpada sicher nicht gemeint, denn ihm ging es gerade um die Befreiung
von derartigen Zwängen, und er lehrte beim Achtfachen Pfad, wie man seine
eigene Befreiung erlernt und die obigen Zwänge überwindet. Wer abhängig bleibt,
hat keine guten Chancen den buddhistischen Weg der Wahrheit zu gehen, den auch der
Zen-Meister Dôgen so eindringlich beschreibt. Was hat Buddha also wirklich
gelehrt?
Er
hat die zentrale Wahrheit und
Wirklichkeit der Welt gefunden: das Entstehen
in Wechselwirkung, das
Zusammen-Entstehen, in Sanskrit eben pratitya
samutpada . Damit wird die wechselseitige Vernetzung des Geschehens in der
wirklichen Welt gekennzeichnet und genau diese Vernetzung ist die Realität
unseres Lebens, mit der wir fertig werden müssen und die große Chancen zur
Verwirklichung unseres wahren Selbst enthält. Die Abhängigkeit von Gier, Hass
und Verblendung ist nach Buddha gerade die Ursache des Leidens.
Peter
Gäng verwendet im Sutra der Grundlagen der Achtsamkeit dafür den Begriff
Anhangen: "Was nun, ihr Mönche, ist die edle Wahrheit vom Leiden?"
Die Antwort lautet zusammengefasst: "die fünf Gruppen des Anhangens".
Mit den fünf Gruppen sind die Skandas gemeint, die buddhistischen Komponenten
des Menschen. Wir leiden also, wenn wir mit unseren Komponenten der Form, des
Gefühls, der Wahrnehmung, der formenden Kräfte des Handelns und des
Bewusstseins von Gier, Hass und Verblendung bestimmt werden und von ihnen abhängig sind. Die Bedeutungen der
Begriffe "Anhangen" und
"Abhängigkeit" sind in der
Tat ziemlich ähnlich und fast identisch, sie bezeichnen Unfreiheit durch
Determination. Der Mensch hat dabei keine reale Chance, sich selbst oder die
Umgebung zu steuern.
Hält
die Formulierung des abhängigen Entstehens
nun einer tiefer gehenden Analyse als Beschreibung der Wirklichkeit stand? Oder basiert sie auf einem stark einfachen
Modell der Wirklichkeit? Ist die Übersetzung abhängiges Entstehen für pratitya
samutpada noch zeitgemäß, da wir heute viel mehr über Vernetzung,
Kreativität und Evolution wissen? Keiner wird heute ernsthaft bestreiten, dass
die Welt ein vernetztes Ganzes ist.
Es
besteht sicher kein Zweifel, dass sich unsere Welt und wir uns selbst dauernd
verändern und dass wir nicht isoliert
existieren, sondern uns miteinander in lebendiger Wechselwirkung entwickeln und
so maßgeblich ein Leben lang lernen. Ganz isoliert für uns allein, ohne Wechselwirkung
und ohne Vernetzung müssen wir sterben, auch ein Starker muss allein zu Grunde
gehen.
Im
Sanskrit wird eine solche gedachte oder eingebildete Ich-Isolation durch das Wort svabhava
charakterisiert und fundamental als Kennzeichnung unserer Wirklichkeit abgelehnt,
das ist die Negation einer „isolierten
unveränderlichen Eigen-Existenz" des Menschen und aller Gegebenheit
der Welt, also einer isolierten Entität: Es gibt in der uns bekannten Welt keine
empfindenden Wesen, Menschen und Tiere, nicht-empfindende Wesen, Pflanzen und
keine Dinge, die total von einander isoliert sind und aus sich selbst entstanden wären. Eine solche isolierte Eigen-Existenz zu behaupten, führt in
die Irre und ist sowohl naturwissenschaftlich als auch logisch und spirituell
Unsinn. Und nicht nur das: Eine solche Weltanschauung ist sehr gefährlich, sie
ist die Grundlage der Ideologie des Egoismus, der heute leider weit
verbreitet ist. Deshalb sagt Meister Nâgârjuna in seinem berühmten Lehrgedicht
der Mitte (MMK):
"Es
wird nichts gefunden, das nur aus sich selbst entstanden ist."
Entstehungs- und Lern-Prozesse benötigen Zeit, sie sind ohne zeitliche Veränderungen nicht
zu realisieren. Aus der einfachen Tatsache, dass es keine unveränderlichen isolierten
Entitäten gibt, folgt zwingend, das alles in der Welt zeitabhängig und vernetzt
ist, sich also alles mit der Zeit verändert. Sei es, dass etwas entsteht oder
dass etwas vergeht. Oder wie wir Menschen häufig empfinden, dass sich etwas zum
Besseren oder zum Schlechteren entwickelt. Aber die Aussage, etwas sei
schlechter oder besser geworden oder entwickelt sich günstig oder ungünstig,
beinhaltet eine menschliche Bewertung
und charakterisiert nicht den natürlichen
Prozess ohne Bewertung, sei es aus naturwissenschaftlicher oder
spiritueller Sicht.
Wenn
keine menschlichen Bewertungen einwirken, wird das im Buddhismus als Soheit bezeichnet. Sie ist die
unverstellte Wirklichkeit und das Erkenntnis-Ziel des Buddhismus: Dann werden
wir nicht von Täuschungen und Illusionen gesteuert und rennen dadurch wahrscheinlich
in das eigene Verderben. Das will sicher niemand! Erwachen heißt, dass die Menschen,
die Natur und Dinge so gesehen werden wie sie sind: nichts hinzusetzten und
nichts weglassen. Die Zen-Meditation, Zazen, heißt auf japanisch in diesem
Sinne Shikantaza: "Nichts als sitzen", ohne rotierende Gedanken und Emotionen und
damit frei. Eine solche Meditation ist die unmittelbare Erfahrung der Wirklichkeit,
sie kann Wunder wirken.
Zu
erkennen, dass sich die Wirklichkeit in einem dauernden Lern- und
Veränderungs-Prozess befindet, ist eine wesentliche Voraussetzung für die Erkenntnis
der Wirklichkeit. Denn wenn man diese lebende Wechsel-Wirkung leugnen oder
verdrängen würde, käme man früher oder später in große Probleme und erhebliche
Schwierigkeiten. Es macht überhaupt keinen Sinn, die Augen vor Veränderungen zu
verschließen, weil diese als Wirklichkeit sich nicht wegdenken, weglächeln oder
wegwerfen lassen. Besser ist es, solche Veränderungen in die Lebensplanung und
Lebensgestaltung einzubeziehen oder noch besser: sie als wechselseitigen Lernprozesse
zu begreifen und aus den Veränderungen eine gute Entwicklung und gute
Lebensführung zu gestalten.
Denn
wir sind den Bedingungen der Außenwelt und Innenwelt nicht hilflos ausgeliefert, sondern können selbst unseren Lebensweg
in wesentlichen Bereichen gestalten und steuern. Dies ist die zentrale Aussage
Gautama Buddhas in den Vier Edlen
Wahrheiten und dem Achtfachen Pfad: wir können das Leiden durch einen
realistischen Lernprozess überwinden. Buddha zeigt darin sehr praktisch den
Befreiungsweg aus den verschiedenartigen Leiden wie Kummer, Gram, Verzweiflung
usw. auf. Gerade psychische Leiden sind nicht das endgültige Schicksal, das wir
erdulden müssen, sondern lassen sich in den wesentlichen Ursachen erkennen,
therapeutisch angehen und mithilfe des buddhistischen praktischen Erlösungsweges
überwinden. Das ist in der Tat eine gute Botschaft mit großer psychischer und
spiritueller Kraft.
Bei
unserer Analyse stoßen wir also auf die Wirklichkeit der Veränderung, des
Entstehens und Vergehens in vernetzten
Zusammenhängen. Wer das leugnet, geht nicht nur an der Wirklichkeit des
Lebens und der Welt vorbei, sondern nutzt die tiefgründigen Lehren des
Buddhismus nicht.
Ich
möchte nun den Begriff der Abhängigkeit
in der Formulierung „abhängiges Entstehen“ erneut aufgreifen. Abhängig heißt unfrei zu sein und von angeblich unbeeinflussbaren
Bedingungen gesteuert zu werden. Dieser Begriff ist dem des Determinismus sehr
ähnlich, also der vollständigen Festlegung unseres Lebens ohne unsere geistige
und handelnde Freiheit, ohne Selbststeuerung.
Abhängigkeit
und Selbststeuerung schließen sich weitgehend aus, denn wer abhängig ist, wird
von anderen und von außen oder von innen durch Gier, Hass und Verblendung
gesteuert. Er hat keine eigene Entscheidungsgewalt, er ist ein Spielball der
Bedingungen und Einflüsse, von denen er hin- und hergetrieben wird. Es leuchtet
ein, dass diese Bedeutung von abhängigem
Entstehen im Buddhismus von Gautama Buddha, Nâgârjuna, Dôgen, dem DalaiLama, Nishijima Roshi u. a. wirklich nicht gemeint ist. Derartiges abhängiges
Entstehen ist meist ein pathologischer Sonderfall der Wechselwirkung: Wenn wir
keine Selbst-Kontrolle haben sind wir unglücklich und müssen leiden. Das wäre auch
ein Rückfall in den Geist eines vor-rationalen Zeitalters mit seinen Abhängigkeiten
von mythischen Kräften und Mächten, die der Mensch überhaupt nicht beeinflussen
kann und denen er total ausgeliefert ist. Wenn wir abhängiges Entstehen auf diese Weise verstehen, entfernen wir uns
m. E. vom Kern der buddhistischen Lehre, die gerade die Möglichkeit der
Befreiung und Selbststeuerung in den Mittelpunkt des Welt-Verständnisses und der
Erlösungslehre stellt.
Die
buddhistische Meisterin und Tiefenökologin Joanna Macy hat in ihrer
bahnbrechenden Arbeit zur Verbindung der Systemtheorie lebender Systeme mit dem
Buddhismus eindeutig nachgewiesen, dass es in der natürlichen Wirklichkeit keine einseitigen Abhängigkeits-Prozesse
gibt. Diese Prozesse sind niemals uni-direktional,
das heißt einseitig in eine Richtung gerichtet. Die Wirklichkeit hat bei jedem
Prozess immer auch eine Gegenkopplung, das ist die Vernetzung, sie ist bi-direktional, also eine Kopplung in
beide Richtungen.
Im
Übrigen ist dies auch in der Gehirnforschung als maßgebliche Struktur unseres
neuronalen Netzes nachgewiesen: alle elektrischen und biochemischen
Informations-Verarbeitungsprozesse im Gehirn sind wechselseitig hoch vernetzt und
niemals in eine Richtung gerichtet. Diese intensive Vernetzung macht gerade die
hohe Leistungsfähigkeit des Gehirns aus und gilt sowohl für bewusste Prozesse
des Geistes als auch für nicht bewusste Prozesse wie z. B. die meisten Steuerungen
der Motorik und der körperlichen Intelligenz, z. B. des vegetativen
Nervensystems. Sie ist von zentraler Bedeutung für alle Lernprozesse des
Menschen. Wer also das Verständnis der Wirklichkeit im Buddhismus als uni-direktionale Abhängigkeit interpretiert,
begeht einen Irrtum, das ist nicht die Soheit Buddhas. Damit sind wir zu einem
Punkt in unserer Analyse gekommen, der die nicht unerheblichen Gefahren des Begriffes „abhängiges Entstehen“
aufdeckt, denn jede Art von Abhängigkeit und uni-direktionaler Beziehung ist ein
Sonderfall im Netz und meist nicht natürlich. Oft ist eine uni-direktionale
Verbindung sogar pathologisch, sie würde den buddhistischen Befreiungsprozess erschweren
oder verhindern. Durch Abhängigkeit entsteht gerade das Leiden und die Unfreiheit.
Der
indische Meister Nâgârjuna bezeichnet in den einführenden Versen zum MMK die
zentrale Botschaft der Befreiung und Überwindung der Verwirrung im menschlichen
Leben durch Gautama Buddha als pratitya
samutpada. Ich habe an anderer Stelle diesen Begriff vertieft analysiert.
Nach meinem Verständnis ist in aller Klarheit ausgewiesen, dass die
Wirklichkeit der Welt ein rückgekoppelter vernetzter Prozess ist und nicht ein
un-direktionaler in eine Richtung gehender Abhängigkeits-Prozess. Das wird heute
niemand ernsthaft in Frage stellen. Wenn z. B. im ökologischen System die
Vernetzung vernachlässigt wird, wie in der modernen Industrie- und
Konsum-Gesellschaft geschehen, ergeben sich dramatische Fehlentwicklungen.
Es
gibt keinen Vorgang im psychischen und sozialen Bereich, der in eine Richtung,
also uni-direktional gerichtet ist. Selbst wenn ein kluger buddhistischer
Lehrer seine Schüler unterrichtet und, wie es etwas veraltet heißt „belehrt“,
ist dies immer ein wechselseitiger Lernprozess, bei dem auch der Lehrer die
Signale der Schüler aufnimmt und zumindest pädagogisch verwendet, um möglichst
überzeugend und prägend zu lehren. Aber in Wirklichkeit lernt er selbst Neues,
weil soziale Gruppen von Menschen immer wechselseitiges Entwickeln und Lernen beinhalten.
So hat auch Gautama Buddha in seiner über 40-jährigen Lehrtätigkeit immer neue
Varianten und Verfeinerungen seiner Lehre erarbeitet, nachdem er die
fundamentale Erkenntnis über die Wirklichkeit der Welt, pratitya samutpada, in
seinem Erleuchtungserlebnis erkannt hatte und die Methoden der Befreiung des
Menschen aus dem Leiden entwickelte, vor allem durch die Vier Edlen Wahrheiten
und den Achtfachen Pfad.
Joanna
Macy verwendet als Übersetzung den Begriff „mutual
casuality“, also etwa wechselseitige Verursachung. Dadurch bringt sie die zentrale
Erkenntnis der Systemforschung, nämlich der rückgekoppelten Systeme, in die
zeitgemäße buddhistische Lehre ein.
Die
Übersetzung von pratitya samutpada
muss daher aus heutiger Sicht als wechsel-wirkende Vernetzung oder wechsel-wirkendes
Entstehen bezeichnet werden. Maßgeblich ist nicht zuletzt, dass durch diese
Wechselwirkung und Rückkopplung erhebliche Kreativitäts-Potentiale
entstehen, aktiviert werden und in die vernetzten Systeme eingebracht werden
können. Der Nobelpreisträger Gerd Binnig sagt: "Kreativität ist das
Ermöglichen von Wechselwirkung" Beim abhängigen Entstehen gibt es keine
Wechselwirkung und daher keine oder nur geringe Kreativität, die in das lebende
Netz eingehen könnte.
Der
bekannte Neurowissenschaftler und Buddhist Francisco
Varela, der in engem Kontakt mit dem Dalai Lama stand, hat weitere
Fortschritte in der Systemtheorie lebender Systeme in Gang gesetzt. Für ihn ist
es außer Frage, dass gerade kreative lebende Systeme, die er autopoetische Systeme nennt, in
permanenter Wechselwirkung mit ihrer Umgebung stehen und in sich selbst vernetzt
sind und dabei eine gewisse lebende Eigenständigkeit aufweisen, die sich selbst
erneuert und fortentwickelt. Diese Architektur wird auch Selbstorganisation genannt.
Damit
wird deutlich, dass der Sanskrit-Begriff pratitya
samutpada nicht zuletzt das kreative
Potential der Menschen und der Lebewesen in Wechselwirkung mit anderen und
dem hoch vernetzten Gesamtsystem beinhaltet und nicht auf passive Abhängigkeit
ohne Innovation beschränkt ist.
Der
Ansatz der Systemtheorie bezieht sich hauptsächlich auf die
naturwissenschaftliche Dimension der Realität. Aber auch unser spirituelles
Leben widerspricht nicht den naturwissenschaftlichen Gesetzen, wie auch Nishijima
Roshi mehrfach betont hat. Dabei geht die Lebens-Dimension des Handelns und der
Spiritualität über naturwissenschaftliche Dimensionen hinaus oder anders
ausgedrückt: die naturwissenschaftlichen Instrumente sind für die spirituellen
Lebensbereiche nicht falsch aber wenig effizient und oft zu eindimensional.
Psychologische
und spirituelle Bereiche sind beim Menschen jenseits der Sprache und des
rationale Denkens der Natur- und Geisteswissenschaft wirksam. Meister Dôgen
beschreibt diesen Zusammenhang in dem fulminanten Kapitel mit dem Titel: „Das Geist kann nicht erfasst werden“.
Eine einfache Ja/Nein-Logik, also das exklusive ODER der gängigen Logik, ist
ungeeignet, um vernetzte kreative Lebensprozesse zu erkennen und angemessen zu
beschreiben. Selbst für die Wechselwirkung der Festkörper-Physik ist eine
mathematische Beschreibung nicht vollständig gelungen, rückgekoppelte Systeme
entziehen sich weitgehend der Mathematik, da sie zu viele Dimensionen besitzen.
Wie auch der Philosoph Heidegger betont, ist es eher in der Dichtung und Kunst
möglich, diese Grenzen der Philosophie und Wissenschaft zu überschreiten. Das
heißt natürlich keinesfalls, dass wir präzises Denken und die Fähigkeit des
menschlichen Logos geringschätzen dürfen, sondern im Gegenteil ausschöpfen und
darüber hinaus gehen. Und genau so verstehe ich die zentrale buddhistische
Philosophie von pratitya samutpada, also
das wechsel-wirksame Entstehen in dieser Welt.