Samstag, 5. Mai 2018

Das Meisterwerk zum Mittleren Weg, neu bearbeitet.

MMK 1, PDF-Datei zum Herunterladen

(Zu meinem neuen Buch "Sternstunden des Buddhismus")
Dieses epochale Werk zum Mittleren Weg (MMK) von Nâgârjuna gilt in der Fachwelt unbestritten als ein Höhepunkt des Buddhismus. Es ist beinhaltet zentrale Grundlagen zum buddhistischen Befreiungsweg der Mitte und der Leerheit. Es entschlackt den Buddhismus von diversen fehlerhaften Doktrinen, nicht zuletzt des Volks-Buddhismus, und gab und gibt vitale Impulse. Das MMK hat die gesamte folgende Entwicklung des Buddhismus maßgeblich beeinflusst, vor allem in Indien, China, Japan, Tibet und jetzt im Westen.

Wegen dieser großen Bedeutung und erheblicher gravierender Widersprüche der bisherigen Übersetzungen und Interpretationen haben die Indologin Elisabeth Steinbrückner und ich beschlossen, einen radikalen Neuanfang zu wagen: In einem dreistufigen Verfahren gehen wir vom authentischen Text in Sanskrit aus. Sie hat dabei in zwei Stufen eine exakte Wort-für-Wort-Übersetzung aus dem Sanskrit und eine teilweise vor-formulierte Fassung erarbeitet, die hiermit vorgelegt werden.



Durch die exakte Wort-für-Wort-Übersetzung ist es möglich, dem genauen Gedankengang und damit dem Geist des großen Meisters Nâgârjunas direkt zu folgen. Aber zugegeben: Den Leser erwarten einige Schwierigkeiten, der Text hat es in sich, eine echte Herauforderung!

M.W. ist ein solches dreistufiges und vor allem transparentes Vorgehen bisher nicht verwirklicht worden. Ich bin aber überzeugt, dass man damit diesem epochalen Werk wirklich gerecht werden kann. Wahrscheinlich hätten diverse Fehlinterpretationen vermieden werden können, die oft für längere Zeit die Aussagen des MMK verwässert, verzerrt oder sogar ins Gegenteil verkehrt haben. Wichtig ist es m. E., den Originaltext in Sanskrit zu verwenden und nicht Übersetzungen aus dem Tibetisch, Chinesisch, Englisch oder Französisch, so gut sie auch sein mögen.

Auf der verlässlichen wörtlichen Übersetzung baue ich dann meine sinngleiche Übersetzung, Interpretation und Erläuterung auf. Damit hoffe ich eine bestmögliche Verständlichkeit mit ausführlichen Erläuterungen bei wissenschaftlich fundierter Texttreue zu erreichen. Fehler habe ich selbstverständlich zu verantworten. Der Leser kann für jeden Vers auf die wörtliche Übersetzung direkt zurückgehen und eventuell seine eigene Interpretation erarbeiten. Das wäre besonders spannend. Meine Fassung soll dann in drei Teilen nacheinander im Netz und in Buchform veröffentlich werden.

Als ich 1996 Nishijima Roshi das erste Mal in Tokio traf, arbeitet er intensiv an seinem Buch zum Mittleren Weg dieses großen indischen Meisters Nâgârjuna. Er war mit den bisherigen Fassungen nicht zufrieden: Ein fundamentales Werk von hoher Qualität und erheblicher Schwierigkeit. M.W. als erster stellte er eine spannende und tiefgründige Verbindung zum großen  Zen-Meister Dôgen und dem Werk Shobogenzo her. Im Jahre 2000 vereinbarten wir dann beim Buddhistischen Kongress in Hannover, dass ich eine deutsche Fassung in Kooperation mit ihm vorlegen würde. Diese Kooperation mit ihm für Dôgens und Nagarjunas Werke hat meine gesamte Arbeit außerordentlich gefördert und vorangebracht.

Seine zusammen mit Brad Warner erarbeitete englische Fassung des MMK wurde 2011 veröffentlich.

Weil ich nicht die für dieses Werk ausreichenden Kenntnisse in Sanskrit habe, war es ein großes Glück, dass ich Ende 2014 die Indologin Elisabeth Steinbrückner kennen lernte und die Arbeiten am MMK dann intensiviert mit ihr fortsetzen konnte.

Nun ist es so weit: 

Die wörtlichen Übersetung des MMK
(Elisabeth Steinbrückner)
Bei der vorliegenden Arbeit zu den Mūlamadhyamakakārikā (MMK) von Nāgārjuna handelt es sich um ein persönliches Experiment und als solches bedarf es vielleicht einiger erklärender Worte und auch einer Art Gebrauchsanweisung.

            Seit 2004 studiere ich bereits Sanskrit, erst an der Universität (mit Abschluss im Jahr 2011) und später, aus Mangel an derartigen Strukturen, in Eigenregie. Mit den MMK kam ich erstmals 2012 in Kontakt. Ich wollte eine Freundin bei Ihrer Übersetzungsarbeit an diesem Text unterstützen und war sofort von diesem mir völlig neuartigen Gedankengut fasziniert. Ob­wohl der Text sprachlich nicht besonders schwierig ist, verstand ich so gut wie nichts, da ich  noch nie mit Sekundärliteratur zur Thematik konfrontiert gewesen bin. Von Anfang an habe ich nur den Text aus sich selbst heraus zu verstehen versucht. Schließlich sollte der Text selbst alles bieten, was man zu seinem Verständnis benötigt.

            Als ich dann von Jürgen Seggelke angesprochen wurde, der jemanden mit Sprach­kenntnissen in Sanskrit suchte, weil er mit den schon vorhandenen Übersetzungen nicht gut zurecht kam, wurde gemeinsam die Idee zum vorliegenden Experiment geboren. Es handelt sich im Folgenden um so etwas wie die Vorstufe zu einer Übersetzung, die sich in zwei Schritten vollzieht. Im ersten Schritt sind lediglich die einzelnen Worte in ihrer grammati­kalisch dem Sanskrit entsprechenden Form wiedergegeben. Der zweite Schritt ist eine Annähe­rung an eine Übersetzung, der aber mechanisch erfolgte und die aus meiner Sicht wahr­scheinlichste Verbindung der einzelnen Satzglieder darstellt. Auch wenn es in manchen Fällen noch andere Möglichkeiten der Verbindung geben kann, hat auch auf dieser Stufe noch kaum ein interpretierender Eingriff meinerseits stattgefunden. Die wenigen Zusätze sind konsequent in Klammern gesetzt worden und als solche für den Leser noch zu erkennen. Sie erfolgten nur dort, wo eine Wiedergabe der Zusammenhänge im Deutschen dies erforderte.

            Auf diese Weise entstand ein Dokument, das weniger ein fertiges Verständnis liefert als vielmehr meinen und unseren Versuch, den Text auf ehrliche und unvoreingenommene Weise selber sprechen zu lassen. Dabei wurde streng auf Präzision geachtet. Jedes Wort wurde bis auf seine im Sanskrit so wichtige Wurzel zurückgeführt und die Verbindungen der Worte, die von ein und derselben Wurzel abstammen, sind wo immer möglich auch im Deutschen wiedergegeben. Es wurde auch eine vollständige Liste aller Worte erstellt, in der sie nach ihrer Wurzel sortiert sind. Diese Liste ist mit über 200 Seiten sehr umfangreich, kann aber auf Nachfrage gern zur Verfügung gestellt werden.

            Der Leser hat also mit der vorliegenden Vor-Übersetzung gewissermaßen eine Art Bau­kasten an der Hand, mit dem er auch ohne Sanskritkenntnisse seine eigene Übersetzung erstellen könnte. Er könnte, sofern gewünscht, die Worte gegen welche austauschen, die für ihn besser passen. Wenn er das an jeder Stelle tut, an der ein Wort vorkommt, hat er den Text da­durch nicht verfälscht. Und natürlich würde der Text erst durch die sprachlichen Finessen des Deutschen zu einer echten und schön zu lesenden Übersetzung heranreifen. Diesen Schritt soll aber jeder für sich selbst gehen können. Dies war jedenfalls die Idee.

            Ob diese Art der Herangehensweise für andere Menschen funktionieren kann, wird sich wohl erst in der Zukunft zeigen. Doch zumindest für mich war es der Schlüssel, der die Tür zu Nāgārjunas Gedankenwelt aufgeschlossen hat, denn näher kann man an seine eigenen Worte nicht herankommen. Den Schritt zu einer “echten” Übersetzung bin ich aus Respekt vor der Kom­plexität der Materie und dem Wissen um mein begrenztes Verständnis davon bis heute nicht gegangen. Ich werde noch lange Zeit mit meinem selbst erstellten Studienmaterial weiter­arbeiten. Da es mir aber bis zum heutigen Tag schon großen Nutzen gebracht hat, könnte ich mir vorstellen, dass es diesen auch für andere Menschen haben könnte. Deshalb freue ich mich, es hier potentiellen Mitdenkern zur Verfügung zu stellen. Für jede Rückmeldung und gedanklichen Austausch wäre ich sehr dankbar.
Elisabeth Steinbrückner, eli@gnumonks.org





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