Sonntag, 26. September 2021

Buddhas Wirklichkeit: Deine Stimmen des Tales und die Form der Berge (Keisei sanshiki)

 

In diesem großartigen Kapitel beschreibt Meister Dōgen die zentrale Bedeutung und Wirklichkeit der lebendigern Einheit von Natur und Mensch. Man könnte die unbelebte Natur auch nur aus der materiellen Sicht der äußeren Form und Struktur, also in der Dimension des Materialismus, beschreiben, aber dies wäre einseitig und wirklich beschränkt. Dōgen macht deutlich, dass eine solche äußere Sicht der Form oder der materiellen Elemente, wie zum Beispiel Wasser, Erde, Feuer und Luft, nicht zum Kern der buddhistischen Lehre vordringen kann und nur eine Teilwahrheit ist.

Dies umso mehr, wenn der Materialismus zum Dogma wird. Das wäre nach Nagarjuna der ideologische Glaube an eine Pseudo-Substanz, die mit der Wirklichkeit nichts zu tun hat. Dagegen eröffnen sich in der höchsten Lebensphilosophie des Erwachens also, im Buddha-Dharma, ganz neue Dimensionen und eine ungeahnte Tiefenschärfe für das Verständnis und Erleben der Schönheit und Kraft der Natur. Dies geschieht in direkter Wechselwirkung mit dem Menschen und ist nicht von ihm getrennt.

Die in den Tälern fließenden Bäche und Flüsse werden von Dōgen als die Zungen Buddhas bezeichnet, die unaufhaltsam den wahren Dharma lehren. Denn in der Tat stehen die Flüsse und Bäche niemals still. Sie sind nicht verzerrt und unwahr und sie sind nicht von den Drei Giften Gier, Hass und Verblendung vergiftet. Sie sind leer von solchen Giften, wie Nagarjuna sagt und das ist die wahre Bedeutung der Leerheit. Die Form der Berge gleicht dem Körper Buddhas, der vor allem durch Wirklichkeit, Reinheit und Ethik gekennzeichnet ist. Die so verstandene wahre Natur geht weit über ihre stoffliche und materielle Teil-Wirklichkeit hinaus. Sie ist eine wunderbare lebende Gesamt-Komposition der Wirklichkeit und kann den Menschen durch die Verbundenheit in seinem tiefsten Innern anrühren und beglücken.

In China und Japan war die Verbundenheit oder, besser gesagt, die lebende Einheit und Wechselwirkung mit der Natur zentral für das menschliche Leben. Das Leben war unauflösbar mit den empfindenden Wesen, also den Tieren, und den nicht empfindenden Lebewesen, wie Kiefern, Bambus, Chrysanthemen, also Pflanzen und Blumen und Bäumen verschmolzen. Dies alles wird im Buddha-Dharma als Harmonie und natürliches Gesetz des Universums erlebt, erfahren und verstanden. Wir sind in der Industrie- und Konsum-Gesellschaft in Gefahr die Belastbarkeit der vernetzten Natur zu überschreiten. Es wundert mich nicht, dass gerade die jüngeren Menschen mit Sorge für die Zukunft unserer Natur sehen. Wir brauchen die lebende Einheit mit der Natur zum heilsamen Leben. Dann entwickelt sich wieder unser Gleichgewicht und mit der Natur wächst neue Lebensfreude.

Dōgen berichtet von einem großen chinesischen Dichter, der nachts in einem Tal in den Bergen dem Fluss lauschte und zur großen Buddha-Wahrheit erwachte. Er verfasste folgendes Gedicht:

„Die Stimmen des Tales ist (Buddhas) weite und lange Zunge.

Die Form des Berges nichts anderes als sein reiner Körper.

Vierundachtzigtausend Verse klingen in der Nacht,

Wie kann ich es den Menschen am nächsten Tag sagen?“

Der Dichter legte diese Verse einem großen buddhistischen Meister vor, und dieser bestätigte sein Erwachen. Was war geschehen, als sich ihm plötzlich eine neue, umfassende Lebens-Fülle und Lebens-Freude eröffnete? Er hatte doch vorher als Dichter großartige und in China weithin berühmte Verse verfasst. Aber dadurch hatte er die Praxis und Lehre des Buddhismus nicht umfassend selbst erfahren. Er hatte nach Dôgen zuvor den Gang der Jahreszeiten – Blumen im Frühling, die frischen Triebe der Kiefern im Sommer und wunderbare Chrysanthemen im Herbst – nicht wirklich tief und freudig erkannt und erfahren, bis ihm dieses tiefe Erlebnis der Stimmen des Tals erfüllte. Es wird berichtet, dass er vorher von einem Zen-Meister die Lehre der „nicht empfindenden Wesen" gehört hatte, also der Bäume, Blumen und Pflanzen. Aber diese umfassende Lehre war nicht wirklich in seinen Geist und in sein Herz eingegangen. Vermutlich gab es zwar in jener Nacht Spuren und Nachwirkungen dieser Worte des Meisters. Aber dann hatte er seine eigene tiefe Erfahrung des Buddha-Dharma und dessen Wirklichkeit der Natur. Vorher war er noch nicht offen und reif gewesen für den umfassenden Sinn der buddhistischen Lehre. Er konnte sie nicht wirklich aufnehmen und nicht so leben. Aber plötzlich kam das große Erwachen, mit dem fast mystischen Erlebnis der Stimme des Flusses nachts im Tal.

Der Mensch als Subjekt und die Natur als Objekt waren mit einem Male zu einer lebenden Einheit verschmolzen – natürlich waren sie in Wahrheit nie getrennt. Diese lebendige Wechselwirkung hatte der Dichter bis dahin nicht erfahren und auch nicht erfahren können. Dōgen fragt in der für ihn typischen Weise, ob letztlich der Dichter zur Wahrheit erwachte oder ob es die Berge und Flüsse waren, die zur Wahrheit erwachten. Kann man das überhaupt trennen? Nein, das wäre eine ideologische Isolation, wie Nagarjuna für den Mittleren Weg sagt. Der Mensch ist in der Wirklichkeit niemals von der Natur getrennt. Das ist das gemeinsame Entstehen in Wechselwirkung, pratitya samutpada, die zentrale Lehre der Wirklichkeit Buddhas und Nagarjunas

Eine andere berühmte Geschichte berichtet davon, dass ein später großer Meister trotz intensiver Übung mit seinem Lehrer im Buddhismus nicht weiterkam. Der Meister stellte ihm die Frage: "Wie war der Zustand deiner Eltern vor der Geburt?" Er solle nicht aus den buddhistischern Schriften zitieren, sondern nur aus seinem eigenen wirklichen Erleben. Aber der Schüler wusste auf die Frage nichts zu sagen und blieb stumm. Die buddhistischen Schriften hatte er genau studiert und hätte das Erinnerte locker hersagen können.. Er war dann so entmutigt und deprimiert, dass er sich entschloss, nur einfache Arbeiten im Kloster zu übernehmen. Er beschloss außerdem, alle seine theoretischen Schriften zu verbrennen, die er so intensiv bearbeitet hatte. Seine Erkenntnis war:

„Das Bild eines Reiskuchens kann den Hunger nicht stillen.“

Das Bild des Reiskuchens entspricht dabei den Schriften und Dharma-Lehren seines Meisters. Die Lehren bleiben theoretisch und blass, wenn sie nicht mit eigenen Erfahrungen und der Praxis des eigenen Lebens einhergehen. Schließlich bat der Schüler seinen Meister dringend, ihm doch noch eine Hilfestellung zu geben, damit er auf dem Dharma-Weg weiterkommen könne. Der Meister erkannte die große Begabung seines Schülers und lehnte es daher ab, dessen Bitte zu entsprechen. Er war sich sicher, dass dieser selbst die tiefen Erfahrungen auf dem Buddha-Weg machen würde. Eine verbale Belehrung erschöpft sich meist in Worten und Gedanken und kann die wahre Praxis nicht ersetzen. Es besteht sogar die Gefahr, dass die Begriffe sich immer mehr verfestigen und die Wirklichkeit versperren und gerade nicht öffnen. Solche negativen Phänomene gibt es in manchen religiösen Gruppen und Sekten. Das entspricht dem Bild des Reiskuchens, den man nicht essen kann und der den Hunger nicht stillt.

Wie glaubhaft überliefert, zog sich der Mönch in die Einsamkeit der Berge zurück, und zwar an einen Ort, an dem ein früherer berühmter Meister jahrelang praktiziert hatte. Er hatte es aufgegeben, nach Erwachen und Erleuchtung zu streben. Er lebte mit der Natur harmonisch im Gang der Jahreszeiten und praktizierte ausdauernd und intensiv. So vergingen die Jahre. Er pflanzte einen Bambus, den er hegte und pflegte. Als er an einem Tag den Weg zu seiner Hütte fegte, flog ein Ziegelstück an das Rohr des Bambus. Es heißt, dass er bei diesem Klang, "Bong!", das große Erwachen verwirklichte. Er dankte seinem Lehrer tief ergriffen und machte eine Niederwerfung in Richtung seine Richtung. Er dankte ihm aus tiefem Herzen, weil dieser ihm nicht voreilig erklärt hatte, was auf ihn wartete, sondern es vertrauensvoll der kommenden Erfahrung seines Schülers in dessen eigenem Leben überlassen hatte. Dadurch war es ihm selbst möglich geworden, selbst zur großen Wahrheit zu erwachen. Voller Dankbarkeit verfasste ein Gedicht, das wie folgt beginnt:

„Vergessen ist mit einem Schlag mein nur erlerntes Wissen.

Nicht länger muss ich mich mit Selbstkontrolle künstlich zügeln.

Mein Handeln offenbart jetzt den großen Weg der alten Meister.

Niemals werde ich mehr in Trübsal und Traurigkeit fallen“

Sein Meister bestätigte darauf seine tiefe Erleuchtung und sagte, dass dieser Schüler vollendet sei.

Eine andere bekannte Geschichte berichtet von dem buddhistischen Weg eines alten Meisters. Er hatte bereits über dreißig Jahre seines Lebens praktiziert, als er bei einer Wanderung in den Bergen von einer Anhöhe herab in ein anmutiges Tal blickte, in dem die Pfirsichbäume im Frühling voll erblüht waren. Er verwirklichte brei diesem Anblick plötzlich die große Wahrheit Buddhas und verfasste folgendes Gedicht:

„Dreißig Jahre lang ein Wanderer auf der Suche nach dem Schwert (der Wahrheit).

Wie viele Male fielen die Blätter und wuchsen die Knospen?

Mit einem Mal, als ich die Pfirsichblüten sah,

Bin ich angekommen im Jetzt und habe keine Zweifel mehr.“

Das Schwert ist ein Symbol für die angestrebte Klarheit von Körper-und-Geist, wie es in den buddhistischen Schriften heißt. Es durchschlägt die Verwirrungen, Verblendungen und Knoten des Lebens. Dann eröffnet sich die wunderbare strahlende Wirklichkeit. Das Schwert hat eine ähnliche symbolische Bedeutung wie der Diamant, der ebenfalls durch seine Schärfe das Dickicht von vorgefassten Meinungen, Bewertungen und verhärteten Gedanken zerschneiden kann.

Im alten China gab es viele Kōan-Geschichten, in denen ein Schüler in oft klugen und intelligent formulierten Worten eine Frage an den Meister richtete, die dieser jedoch überhaupt nicht beantwortete. Warum?  Weil die Frage zu theoretisch und zu ausgedacht war, aber keine wahre Suche nach der Wahrheit erkennen ließ. Manchmal wiederholte der Meister einfach die Frage mit genau denselben Worten. Damit wollte er den Schüler von seinen festgefahrenen Gedanken und Worthülsen befreien und zum unmittelbaren Erleben und Handeln und damit zur Wirklichkeit bringen. Beispiele hierfür sind die folgenden theoretischen Fragen des dualistischen Denkens an die Meister, die von ihm nicht durch Worte, sondern durch Handeln beantwortet werden:

„Wie können wir bewirken, dass die Berge, Flüsse und die Erde zu uns gehören?“ Der Meister antwortete: "Wie können die Berge, Flüsse und die Erde bewirken, dass sie zu uns gehören?“

Damit durchbricht der Meister den fruchtlosen Dualismus des Ego und erweitert die Frage des Schülers durch die Wechselwirkung und Überwindung der Trennung von Subjekt und Objekt.

Oder die Frage eines gelehrten Philosophen:

„Wie lässt reine Wesentlichkeit plötzlich Berge, Flüsse und die Erde entstehen?“

Dōgen umkreist im Folgenden die zentralen Inhalte und Eckpunkte der buddhistischen Lehre: Ausdauer, der feste Wille zur Wahrheit und die Erweckung des Bodhi-Geistes sind wichtige Voraussetzungen, um den Buddha-Weg zu gehen. Die Sucht nach Ruhm, Profit und Ich-Stolz muss überwunden werden, sonst blockiert man sich selbst auf dem Weg der Befreiung. Dōgen kritisiert mit klaren Worten, dass in der damaligen Zeit viele tatsächlich Mönche wurden, ohne wirklich an der buddhistischen Wahrheit zu arbeiten und mit Ausdauer zu praktizieren. Er sagt damit, dass die große Periode des Chan-Buddhismus in China bereits im Niedergang begriffen war.

Viele Mönche und sogar Äbte waren zwar formal Buddhisten, aber die Kraft des Buddha-Dharma war bereits zum Teil in China erloschen. Ähnliches muss von einer späteren Phase des Buddhismus in Indien gesagt werden. Das Streben nach äußerer Anerkennung und finanziellem Gewinn überwog häufig. Oft ging es auch um Macht und Einfluss bei Hofe. Die Wirklichkeit und Wahrheit des Buddha-Dharma verloren dabei leider ihre Kraft und Bedeutung. Sie verblassten zu Abbildern und Schatten.

Dieser Niedergang wird auch in einem berühmten Gleichnis beschrieben, in dem ein wirklicher Drache zu einem Haus kommt, das von einem Liebhaber der Drechen-Bilder und Drachen-Skulpturen bewohnt wird. Dieser angebliche Liebhaber flieht aber erschrocken, als er den wirklichen Drachen vor sich sieht. Denn er liebt nur die „schönen, ungefährlichen“ Bilder und nicht die Wirklichkeit selbst. Dōgen drückt dies wie folgt aus:

„Ihr Körper, ihr Geist, ihre Knochen und ihr Fleisch haben niemals nach dem Dharma gelebt. Daher sind sie nicht eins mit dem Dharma. Sie empfangen und nutzen den wahren Dharma nicht.“

In solchen Zeiten des Niedergangs gibt es nach Dōgen viele falsche Lehrer und selbst ernannte Meister. Sie sind nicht in der Lage, die Schüler wirklich auf den Buddha-Weg zur Befreiung zu führen. Dōgen empfiehlt daher, dass wir unsere Lehrer und Meister sehr genau prüfen. Er weist auf den unwiederbringlichen Schaden hin, wenn die Lehre nicht wahrheitsgemäß übermittelt wird. Dies sei nicht nur Zeitverschwendung, sondern richte gewaltigen Schaden an. Es sei in solchen Fällen besser, den Buddha-Dharma überhaupt nicht theoretisch zu studieren sondern einfach zu praktizieren! Wer kein eigenes wirkliches Erleben habe, sei weitgehend von anderen abhängig. Er benötige die seichten Bestätigungen anderer und würde diese zwangsläufig mit der großartigen Wirklichkeit verwechseln. Aber dieser Irrtum sei nicht einfach zu erkennen und zu durchschauen.

Dōgen schlägt daher vor, sich sehr gründlich die wahren Lehren der alten Meister zu analysieren und sie als Vorbild zu nehmen. Dies sei viel wichtiger, als enge Kontakte zu Königen, Fürsten, wichtigen Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, den Reichen und Schönen des Landes usw. zu pflegen. Man solle sich nicht auf sie einlassen. Dadurch mache man sich zwangsläufig von ihnen abhängig, sei auf Lob und Tadel dieser Menschen fixiert und erhoffe sich Vorteile. Dann würden die drei Gifte Gier, Hass und Neid, sowie Verblendung immer größer werden.

In einer solchen Umgebung, ja selbst in den Klöstern, gab und gibt es Neid und Eifersucht. Dies wird bereits aus der Zeit von Gautama Buddha selbst berichtet. Es gibt zudem falsche Meister und Lehrer, die einen unmoralischen Verdrängungs-Wettbewerb im Kloster sogar fördern. Wer im Geist beschränkt ist, erkennt leider nicht den wirklich weisen Menschen und entwickelt sogar Feindschaft gegenüber den Heiligen. Auch im Buddhismus gibt es nach Dōgen schlimme Beispiele, in denen große Meister von Feinden gefoltert und getötet wurden. Diese Menschen hätten nicht erkannt, wen sie wirklich vor sich hatten. Dōgen rät aber eindringlich dazu, in solchen Fällen niemals Hass zu entwickeln, sondern vielmehr mit Liebe und Mitgefühl den Dharma zu lehren. Es sei vielleicht möglich, diese Menschen zur Umkehr zu bewegen und auf den richtigen Weg zu führen.

Die Anfänger auf dem Weg des Buddha-Dharma sind zunächst überwiegend von Gefühlen und positiven Idealen durchdrungen, die aber noch nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmen. Wichtig ist es daher, dass die Kraft dieser ersten Zeit des Lernens nicht nachlässt und erlahmt, sondern sich in pragmatische Ausdauer umwandelt. Eine solche Ausdauer und Stetigkeit sind wichtig und sogar notwendig, um den Buddha-Weg zu gehen und die Übungspraxis fortzuführen. Nishijima Roshi empfiehlt in diesem Sinne, jeden Tag zweimal Zazen zu praktizieren, selbst wenn dies nach enthusiastischen Anfängen nicht immer leicht fällt und vielleicht sogar langweilig wird. Ganz wichtig ist es, einen wahren Lehrer zu finden. Auf diesem Weg muss man „Berge ersteigen und Ozeane überqueren“, wie Dōgen sagt und fährt fort.

„Wenn ihr wirklich einen Meister und Lehrer sucht und ihn finden wollt, steigt er vom Himmel herab oder kommt aus der Erde hervor.“

Er spricht damit aus seiner eigenen Erfahrung, als er selbst einen Lehrer suchte und nach China ging. Je näher man nach Dōgen einen wirklichen Meister kennenlernt, desto großartiger erscheint er als Mensch, und umso mehr kann man von ihm lernen. Bei einem falschen Meister ist es genau umgekehrt! Je näher man ihn kennt, desto weniger bleibt von der einstigen Größe übrig. Manchen Pseudo-Meistern gelingt es zwar zunächst, hohe Erwartungen zu erwecken, aber diese werden im Laufe der Zeit immer mehr enttäuscht.

Dōgen zeigt recht genau, wie man sich auf dem Buddha-Weg verhalten soll, wenn man beispielsweise in seinem Alltag müde und träge geworden ist und dies an sich selbst erkennen muss. Er rät dazu, sich diesem Problem nüchtern und in aller Offenheit zu stellen und sich selbst nichts vorzumachen. Man sollte also seine Nachlässigkeit und Trägheit aufrichtig vor dem Buddha bekennen. Daraus erwächst dann die neue lebendige Kraft, die uns erlöst, reinigt und wieder voran bringt. Dann sind die seichten, unausgefüllten und oft langweiligen Tage der Vergangenheit zu Ende, und es sind Umkehr und ein neuer Start möglich. Das alte Karma kann so aufgelöst werden, und die Hindernisse auf dem Weg des Lernens werden weggeräumt. Dazu wird ein alter Meister zitiert:

„Wenn ihr in den vergangenen Leben noch nicht vollkommen gewesen seid, könnt ihr es jetzt werden.“ Und weiter: „Nachdem die Menschen die Wahrheit verwirklicht haben, werden sie heute klare Buddhas sein.“

Auf diesem Weg kommt man jedoch mit Theorie und Gedanken allein nicht weiter, so wichtig diese sein mögen, sondern man muss im Hier und Jetzt praktizieren und handeln. Dabei hat die fortlaufende Meditation des Zazen eine besonders gute Wirkung. Es kommt darauf an, "dran zu bleiben". Wir brauchen dafür wahres Vertrauen in unseren Körper und Geist. Und im Laufe der Praxist wächst dieses Vertrauen zu sich selbst immer mehr.

„Wenn wir so praktizieren, werden uns die Stimme und die Form des Tales und die Form und die Stimme der Berge keiner der vierundachtzigtausend Verse vorenthalten“

Dann wird uns klar, dass „die Täler und Berge (wirkliche) Täler und Berge sind“.